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Montag, 12. August 2019

„Zahnkrone zum Nulltarif“ – Teil 2

Wir hatten alle Hände voll zu tun. In der Region der teilnehmenden Praxen wurden Anzeigen mit dem Titel „Zahnkrone zum Nulltarif“ in den lokalen Zeitungen platziert. Die nachfragenden Patienten wurden mit den Kontaktdaten der sich beteiligenden Praxen versorgt. Den Zahnärztinnen und Zahnärzten aber war zu diesem Zeitpunkt nicht durchgängig bewusst, dass die Chose nur mit sogenanntem „Auslandszahnersatz“ realisierbar war.

Auslandszahnersatz

Der Begriff ist an für sich schon herabwürdigend. Kommen die für deutschen Zahnersatz notwendigen Materialien nicht aus dem Ausland, beispielsweise von Ivoclar aus dem Fürstentum Liechtenstein? Viele denken, wir wären heute (2019) im postfaktischen Zeitalter. Nein das waren wir damals schon. Keine Behauptung konnte abstrus genug sein, um nicht veröffentlicht zu werden, wie zum Beispiel, dass „Auslandszahnersatz“ mit Blei „verseucht“ sei.

Es interessierte niemanden, dass in China oder in der Türkei die auch in Deutschland üblichen Materialien verwendet wurden. Hauptsache, irgendein Gerücht wurde in die Welt gesetzt. Zum Glück habe ich das sauber dokumentiert, falls sich niemand mehr erinnern mag. Die in den dentalen Fachmedien heiß diskutierten „Fake News“ interessierten die Patienten nur am Rande. Endlich war man vom sozial ungerechten prozentualen Zuschussmodell weg und konnte Zahnärzte aufsuchen, wo es „umsonst“ ging.

„Beifall findet auf dem Konto statt.“

(Prof. H. Anton, Neuere Germanistik, Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf, auf die Frage, ob ihm Beifall wichtig sei.)

Um bei der Wahrheit zu bleiben, die Aktion „Zahnkrone zum Nulltarif“ war auch nur eine Leimrute, denn nur genau diese Indikation gab es ohne Zuzahlung. Es sollte noch ein bisschen dauern, bis andere Leute auf die Idee verfielen, „ZE zum Nulltarif“ anzubieten. In der Zwischenzeit versorgten wir auch die nachfragenden Zahnärzte mit den Kontaktdaten von sogenannten „Auslandslaboren“. Die saßen gar nicht im Ausland, nein die waren in Deutschland und suchten deutsche zahnärztliche Kunden. Da ist man doch gerne behilflich.

Ohne auf die Details genauer eingehen zu wollen, Marketingleute dürfen auch mal unpräzise sein, je mehr Patienten, umso mehr Zahnärzte riefen an. Stellen Sie sich vor, Sie werden morgens um 9 Uhr wach und mehr als 1000 Zahnärzte präppen für Sie (und Ihre Provision). Mein Tipp: Einfach noch mal rumdrehen.

McZahn betritt die Bühne mit Getöse

Wie bereits oben angedeutet, kamen Menschen auf die meines Erachtens weniger schlaue Idee „Zahnersatz zum Nulltarif“ anzubieten. Erstens finde ich den Begriff „Zahnersatz“ nicht so toll, zweitens griffen sie damit den Zahnärzten wirklich in die Tasche. Das war nicht mein Ansinnen.

Mit zunächst nur einem Standort betrat McZahn die Bühne, und das mit dem maximal möglichen medialen Getöse. Bedauerlich für McZahn zu diesem Zeitpunkt war die Tatsache, dass der einzige Standort aufgrund von Einsprüchen der Standesvertretungen noch nicht mit seiner Arbeit beginnen durfte. Die nachfragenden Patienten fanden also ersatzweise den Weg in die „Zahnhilfepraxis“, denn davon gab es bundesweit mehr als 100. Ganz herzlichen Dank dafür.

Das Internet musste ran

Die durch den medialen Auftritt von McZahn verursachten Patientenströme konnten wir telefonisch nicht mehr abarbeiten. Montag in der Agentur war der blanke Horror. Ein paar hundert nachfragende Patienten mussten abgearbeitet werden. Eine der Aushilfen, die uns damals dabei unterstützten, ist heute geschäftsführender Gesellschafter. Telefonisch war das nicht mehr ableistbar. Das Internet musste ran.

Meine Meinung zum Internet im Jahr 2006 war, dass Internet für Pornos umsonst gut war, sonst nichts. Zum Glück gab es in den Großstädten DSL, auf dem platten Lande sah es damals und auch heute diesbezüglich vielerorts noch düster aus. Jetzt brauchten wir genau dieses Werkzeug, das 24 Stunden für uns arbeitete.

Mit einer einfachen Homepage war es nicht getan, die hatte sowohl die Agentur als auch die „Zahnhilfepraxis“ schon. Nein, wir mussten eine relationale Datenbank dahinter packen, um den Patienten Umkreissuchen nach „Nulltarif-Praxen“ zu ermöglichen. Das war die Geburtsstunde unserer Patienten-Informationsportale.

Zahnspange zum Nulltarif / Zahnimplantate für 999,-

Weil wir schon mal so schön dabei waren, schoben wir neue Angebote nach – und erlitten Schiffbruch. Die „Zahnspange zum Nulltarif“ wurde zwar von den Patienten goutiert, aber nicht vom Berufsverband der deutschen Kieferorthopäden (BDK). Der fand das nicht lustig und griff die Kampagne erfolgreich an.

Obgleich es gar nicht so selbstverständlich war und ist, eine zuzahlungsfreie Zahnspange von einem Kieferorthopäden in Deutschland zu bekommen, verstößt die Werbung damit gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Das verbietet nämlich die Werbung mit Selbstverständlichkeiten. Die Chose hatte sich damit erledigt. Im Jahr 2015 nahm sich die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung derselben Problematik an. Erst dann fiel diese Argumentation dem BDK auf die Füße.

„Zahnimplantate für 999,-“ war auch nicht zulässig, da es sich um eine Festpreisnennung handelt. Also lief die Kampagne unter „Zahnimplantate ab 999,-„. Das war zu Zeiten der Lehmann-Krise genau das richtige Angebot für die Patienten. Dieses Angebot inspirierte einen damals jungen Zahntechniker. Er entwickelte das „Volksimplantat“ für 59,-€. Aber das ist eine andere Geschichte.

Nach 1,4 Milliarden Printmedien-Kontakten war Schluss

Das Praxismarketing-Tool „Zahnkrone zum Nulltarif“ hat wirklich schöne Erfolgsgeschichten produziert, z.B. bei einer Berliner Praxis am Savignyplatz. Ein junger Zahnarzt hatte zum 1. Januar eine Praxis übernommen. Aus welchem Grund auch immer, die Patienten blieben aus. Mit der „Zahnkrone zum Nulltarif“ haben wir noch im Übernahmejahr knapp eine Million Umsatz erwirtschaftet.

Irgendwem müssen wir dennoch massiv auf die Füße gestiegen sein. Ein ganz schlauer Wettbewerbsrechtler konnte im Jahr 2009 präzise nachweisen, dass der Werbeslogan „Zahnkrone zum Nulltarif“ gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb verstieß. Der Angriff über einen Strohmann – so unser Eindruck – hatte Erfolg. Nach 1,4 Milliarden (!) Printmedien-Kontakten hatte sich der „Nulltarif“ erledigt.

Das war auch gut so. In der Zwischenzeit hatten wir gelernt, das Internet zu nutzen. Der oben erwähnte junge Mann hatte zudem eine fantastische Idee, wie man sich das Leben diesbezüglich leicht machen konnte. Wir haben dann noch weitere Jahre für einige Kunden „Günstige Zahnkrone“ inseriert. Unser Weg ins Internet aber war nicht mehr aufzuhalten. Da spielte nämlich jetzt die Musik.

Lesen Sie auch den Anfang der Story unter Zahnkrone zum Nulltarif – Teil 1

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