Risiko Gewerbesteuer
Was Inhaber von (Zahn)Arztpraxen beachten müssen
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Prof. Dr. Dr. Karsten Fehn, Köln
- Einleitung
- Mögliche gewerbliche Nebeneinkünfte
- Ausnahmsweise Gewerbesteuerpflicht
- Überschreiten von Einkunftsgrenzen
- Verlust des Inhaber- bzw. Gesellschafter-„Stempels“
- Praxisempfehlungen
Einleitung
Grundsätzlich gilt, dass Freiberufler und damit auch (Zahn)Ärzte kein Gewerbe betreiben und deshalb nicht der Gewerbesteuerpflicht unterliegen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Berufsausübung in Form einer (zahn)ärztlicher Einzelpraxis, einer Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder einer Praxisgemeinschaft, die ebenfalls eine GbR ist, erfolgt. Auch ein (Z)MVZ kann gewerbesteuerfrei betrieben werden, wenn es sich um eine GbR handelt. Wird für das (Z)MVZ hingegen die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gewählt, ist diese kraft Gesetzes Unternehmerin und Gewerbetreibende und unterliegt deshalb per se der Gewerbesteuerpflicht.
Mögliche gewerbliche Nebeneinkünfte
Gewerbliche Nebeneinkünfte in diesem Sinne sind grds. alle diejenigen Tätigkeiten, die nicht mehr der Heilkundeausübung im weiteren Sinn zuzurechnen sind, wobei über die Grenzen des Heilkundebegriffs mit den Finanzämtern immer wieder Diskussionsbedarf besteht. Mögliche und damit unter gewerbesteuerrechtlichen Gesichtspunkten risikobehaftete Nebeneinkünfte können bspw. sein:
- Verkauf von Zahnpflegeprodukten durch einen Zahnarzt;
- Verkauf von Hauptpflegeprodukten durch einen Dermatologen;
- Veranstaltung von gewinnorientierten (nicht wissenschaftlich geleiteten) Seminarveranstaltungen;
- Untervermietungen an Dritte, insbesondere für nicht heilkundliche Zwecke;
- entgeltliche Marketingmaßnahmen für Dritte (soweit nicht ohnehin schon berufsrechtlich verboten).
Demgegenüber sind regelmäßig noch der freiberuflichen heilkundlichen Tätigkeit des (Zahn)Arztes zuzurechnen:
- wissenschaftliche Publikationen;
- wissenschaftliche Vortragstätigkeiten;
- Durchführung von Anwendungsbeobachtungsstudien.
Ausnahmsweise Gewerbesteuerpflicht
Abweichend von den vorgenannten Grundsätzen kann aber auch für den in einer Einzelpraxis tätigen (Zahn)Arzt oder für die Berufsausübungsgemeinschaft in Form der GbR eine Gewerbesteuerpflicht begründet sein. Als „Risikogruppen“ lassen sich insoweit identifizieren:
- Überschreiten bestimmter Grenzen gewerblicher Nebeneinkünfte;
- Praxis trägt nicht mehr den Inhaber- bzw. Gesellschafter-„Stempel“.
Überschreiten von Einkunftsgrenzen
Grundsätzlich gilt, dass jeder Freiberufler keine gewerblichen Einkünfte erzielen darf. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) gelten aber solche gewerblichen Nebeneinkünfte als unkritisch, die 3% der Gesamteinkünfte oder absolut 24.500,00 Euro im Veranlagungszeitraum nicht überschreiten (BFH, Urteil vom 27. August 2014 – Az. VIII R 6/12). Wird der relative oder absolute gewerbliche Einkunftsgrenze überschritten, führt dies nach der sog. Abfärberegel des § 15 Abs. 3 EStG dazu, dass die gesamten Einkünfte – also nicht lediglich die gewerblichen Nebeneinkünfte – der Gewerbesteuerpflicht unterworfen werden.
Verlust des Inhaber- bzw. Gesellschafter-„Stempels“
Weitere Voraussetzung für eine Gewerbesteuerfreiheit ist, dass die Praxis stets den „Stempel der Persönlichkeit“ des Praxisinhabers bzw. der Gesellschafter tragen muss (sog. Stempeltheorie). Dies kann z.B. dann nicht mehr Fall sein, wenn eine oder mehrere Zweigstellen betrieben und durch einen angestellten Arzt geleitet werden, ohne dass noch eine ausreichende Kontrolle und Einflussnahme durch den Praxisinhaber bzw. die Gesellschafter erfolgt. Der Praxisinhaber bzw. die Gesellschafter müssen also sicherstellen, dass die ausgelagerten Behandlungen noch immer ihnen als persönliche Behandlungen zuzurechnen sind.
Der BFH hatte in diesem Zusammenhang über den Fall einer anästhesiologischen Gemeinschaftspraxis zu entscheiden, in dem die Narkoseleistung durch einen angestellten Facharzt an verschiedenen Einsatzorten eigenverantwortlich und ohne Kontroll- und Eingriffsmöglichkeit des Praxisinhabers erbracht wurde. Das Finanzamt sah hierin eine Verletzung der sog. Stempeltheorie und wollte die Einkünfte der Praxis deshalb insgesamt der gewerbesteuerpflichtig behandeln. Der BFH hingegen ging davon aus, dass der „Stempel der Persönlichkeit“ der Gesellschafter auch in Bezug auf die eigenverantwortlichen Leistungen des angestellten Facharztes noch erkennbar sei, weil erstere die Voruntersuchungen der Patienten selbst durchführten und selbst über das Ob und Wie der Narkose entschieden. Außerdem war der Praxisablauf so organisiert, dass „problematische Fälle“ durch die Gesellschafter eigenhändig betreut werden (vgl. BFH, Urteil vom 16.07.2014, Az.: VIII R 41/12).
Praxisempfehlungen
Hieraus resultieren folgende Praxisempfehlungen:
- Im Falle der eigenverantwortlichen Leistungserbringung durch angestellte (Zahn)Ärzte – durch Organisationsanweisungen und dokumentierte Kontrollen persönliche Leistungserbringung des Praxisinhabers bzw. der Gesellschafter sicherstellen, d.h. soweit noch nicht vorhanden sind entsprechende Organisationsanweisungen auszuarbeiten und dem Personal schriftlich dokumentiert bekannt zu geben.
- Umsatzgrenzen in Bezug auf gewerbliche Nebeneinkünfte beachten;
- Verträge mit gewerblichen Kooperationspartnern rechtlich und steuerlich prüfen bzw. prüfen lassen (Randnotiz: eine solche Prüfung ist häufig auch unter dem Blickwinkel der § 299a, 299b StGB sinnvoll);
- nach Eingang eines Gewerbesteuerbescheides rechtswahrend (Frist beachten!) Einspruch einlegen und den Bescheid anwaltlich und/oder steuerberaterlich prüfen lassen; der Einspruch ist zunächst kostenfrei und kann ggf. später wieder zurückgenommen werden.
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