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mit Einfluss auf Ihr Praxismarketing

Mittwoch, 12. Juli 2017

Praxismarketing mit der Nutzung von Produkt- und Verfahrensnamen

Im Jahre 2012 wurde das Heilmittelwerbegesetz in einigen grundlegenden Punkten geändert (wir berichteten: Änderungen am Heilmittelwerbegesetz) . Der für das Praxismarketing relevante §11 Absatz 6 wurde ersatzlos gestrichen. Dieser verbot die Werbung für Medizinprodukte mit fremd- oder fachsprachlichen Bezeichnungen, soweit sie nicht in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind.

Dies führte in der Folge dazu, dass eine Vielzahl von Praxen auf Ihren Praxis-Homepages die Patienten zu Verfahren wie invisalign®, CEREC® und All-on-4® informierte. Die Namen dieser Behandlungsverfahren gingen in den allgemeinen Sprachgebrauch ein und wurden sogar auf Plakaten für Praxiskliniken beworben.

Zahnärztekammer Nordrhein greift in die Mottenkiste

Jetzt, fünf Jahre später, greift die ZÄK Nordrhein der Meinung der Redaktion nach tief in die Mottenkiste. Sie moniert Internetauftritte bei Praxen, die die Patienten beispielsweise über All-on-4® und All-on-6® informieren und bezieht sich dabei wie folgt auf den §15 Abs. 2 der Berufsordnung (Zitat):

„Gemäß § 15 Abs. 2 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein ist es einem Zahnarzt jedoch untersagt, seine zahnärztliche Berufsausübung für gewerbliche Zwecke zu verwenden oder ihre Verwendung für gewerbliche Zwecke zu gestatten. Da Fremdwerbung regelmäßig Ausdruck eines rein geschäftsmäßigen, am Gewinn orientierten Verhaltens ist, birgt eine solche Fremdwerbung die Gefahr, das Vertrauen des Patienten in den Zahnarztberuf zu untergraben und dadurch langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung zu haben. Insoweit genügt bereits der ‚böse Schein‘, um Zweifel an der (zahn-) ärztlichen Integrität zu wecken.

Somit ist ein Hinweis auf Hersteller, Marken oder Firmen berufsrechtlich unzulässig, da in diesen Fällen eine nicht hinnehmbare Verquickung zahnärztlicher Leistungen mit gewerblichen Interessen unterstellt werden kann. Eine allgemein gehaltene Beschreibung der zahnärztlichen bzw. der Behandlungssysteme ist natürlich immer möglich.“ (Zitatende)

Das ist nach Meinung der Redaktion aber einmal wirklich weit hergeholt. Da müssen dann schon der „böse Schein“ und die „Unterstellung gewerblicher Interessen“ herhalten, um die Argumentation halbwegs schlüssig erscheinen zu lassen.

Im Zweifel hilft immer ein Blick ins Gesetz

Da im Jahre 2012 vom Gesetzgeber ganz bewusst der §11 Absatz 6 aus dem HWG gestrichen wurde, muss jetzt der § 15 Absatz 2 der Berufsordnung der ZÄK Nordrhein aus dem Jahre 2005 / 2007 herhalten. Er lautet (Zitat):

„Es ist dem Zahnarzt untersagt, seine zahnärztliche Berufsausübung für gewerbliche Zwecke zu verwenden oder ihre Verwendung für gewerbliche Zwecke zu gestatten.“ (Zitatende)

Hier wird also nach Meinung der Redaktion dem Zahnarzt vonseiten der ZÄK Nordrhein unterstellt, dass er für die Hersteller von Medizinprodukten gewerblich tätig wird. Unserer Auffassung nach geht das an der Lebenserfahrung völlig vorbei, sind doch „CEREC®“, „invisalign®“ und „All-on-4®“ Synonyme für Behandlungsverfahren geworden wie das „Tempo-Taschentuch“ für Wegwerf-Papiertaschentücher.

Bei noch mehr Zweifel hilft immer ein Realitäts-Check

Die Google®-Suche Anfang Februar 2017, auch dieser Begriff ist ein Synonym für eine Internet-Recherche geworden und „googeln“ sogar im Duden, warf für den Suchbegriff „‚all on 4″ deutschland‘ 595.000 Ergebnisse aus. Allein diese riesige Ergebnisanzahl deutet darauf hin, dass es sich um ein allgemein bekanntes und verbreitetes Verfahren handelt, auf das der Patient ein Informationsrecht haben sollte. Die Google®-Suche für den Suchbegriff ‚“all on 4“ düsseldorf‘ zeigte zum gleichen Zeitpunkt über 40 Praxen allein in Düsseldorf, die ihre Patienten darüber informierten.

Das hat uns dazu veranlasst, zu recherchieren, wie sich die Vorstände der Zahnärztekammern in Deutschland bezüglich der von der ZÄK Nordrhein monierten „Fremdwerbung“ für ihr eigenes Praxismarketing auf ihrer eigenen Praxis-Homepage verhalten. Hier die Ergebnisse, Stand Februar 2017:

  • Vorstände der ZÄK-Nordrhein informieren auf ihrer Praxis-Homepage über CEREC®, invisalign®, sonicare®, ORAL-B® und GABA®.
  • Vorstände der Bayerischen ZÄK informieren auf ihrer Praxis-Homepage über CEREC® und All-on-4®.
  • Vorstände der ZÄK Westfalen-Lippe informieren auf Ihrer Praxis-Homepage über All-on-4®, All-on-6® und Registrierbesteck nach Gerber®.
  • Ein Vorstand der ZÄK Hamburg informiert auf seiner Praxis-Homepage über ICON® und DIAGNOdent®.
  • Vorstände der ZÄK Berlin informieren auf ihrer Praxis-Homepage über CEREC®, resp. verlinken von ihrer Praxis-Homepage mit den dort abgebildeten Logos(!) auf die Seiten von 3M ESPE®, LavaCos® und ZirkonZept®.

Zweierlei Maß?

Es fällt schwer, sich des Eindrucks zu erwehren, dass für Kammervorstände andere Spielregeln gelten und mit zweierlei Maß gemessen wird. Wer, wie die ZÄK Nordrhein, auf seine eigenen Mitglieder losgeht, der sollte doch zunächst einmal vor der eigenen Türe kehren.

In der Zwischenzeit ist uns auch ein Fall zu Ohren gekommen, bei dem die ZÄK Nordrhein die Verwendung des Begriffs „Zygoma-Implantate“ moniert. Unserer Auffassung nach ist das völlig abwegig. Eine zweiminütige Recherche beim Deutschen Patent- und Markenamt der Verantwortlichen bei der ZÄK Nordrhein hätte ergeben, dass der Begriff „Zygoma-Implantate“ nicht markenrechtlich geschützt ist. „Zygoma“ bedeutet doch lediglich „Jochbein“ und ist damit nur schwer markenrechtlich schützbar. Vielleicht findet sich ja jemand im Hause der ZÄK Nordrhein, der seine Rechtsabteilung aufklärt…

Wir wissen nicht, was die ZÄK Nordrhein treibt. Das alles aber erinnert die Redaktion an die Zeiten, als die ZÄK Nordrhein massiv gegen das Betreiben von Praxis-Homepages vorgegangen ist, selbst als dies bereits gang und gäbe war.

Zurück zum grundsätzlichen Thema. Unserem Eindruck nach versucht die Rechtsabteilung der ZÄK Nordrhein derzeit, das Rad gegen geltendes Recht zurück zu drehen. Entweder sollte ihre Berufsordnung dem derzeit gültigen HWG angepasst oder zumindest nach dem Willen des Gesetzgebers interpretiert werden. Der betroffenen Zahnärzteschaft kann man nur anraten, sich jetzt und nachhaltig zu wehren. Und zwar um der Patienten willen, die ein Recht darauf haben, zeitgemäß informiert zu werden.

Wir bieten Ihnen und Ihren Rechtsvertretungen Hilfe an

Der o.g. Fall „Zygoma-Implantate“ zeigt überdeutlich, wohin sich die Chose (fehl)entwickeln kann. Deshalb bietet die Informationsstelle Gesundheit der Zahnärzteschaft und ihren Rechtsvertretungen Hilfe an. Gerne überlassen wir Ihnen die oben angeführten Unterlagen und Quellen. Wir wollen, dass Sie Ihr Praxismarketing zeitgemäß und informativ gestalten können. Dazu muss man eben manchmal nachgewachsene alte Zöpfe abschneiden und sich gegen seine eigene Standesvertretung wehren.

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